Willkommen im Club der Kriegstreiber!


Zur Besetzung der Bundesgeschäftsstelle von Bündnis 90/ Die Grünen am 7.4.1999 in Bonn Baunscheidstr. 1a


Einige Impressionen aus dem Club der Kriegstreiber:
35 Menschen aus antirassistischen Gruppen aus verschiedenen Städten aus NRW haben für mehrere Stunden die Bundesgeschäftsstelle der B 90/ Die Grünen besetzt, alle Büros untersucht , Transparente gehisst, Kekse und Nudeln verzehrt, uns mit -möglicherweise zu schlecht bezahlten- grünen Hausmeistern und Pressesprechern herumgeärgert, um die Forderung durchzusetzen, mit einem/r der prominenten KriegstreiberInnen aus den Reihen der Grünen ein öffentliches Gespräch zu führen. Wir wollen öffentlich die Doppelmoral der Grünen angreifen, einerseits die Menschenrechte im Kosovo per NATO-Angriffkrieg zu retten, andererseits genauso entschlossen im Bürgerkrieg gegen die KurdInnen den NATO-Partner Türkei mit Waffenlieferungen und Abschiebungen zu unterstützen. Zur Klarstellung: Wir fordern von der oliv-grünen "Menschenrechts"partei keineswegs die Bombardierung Ankaras, das würde die Konflikte in der Türkei -genau wie im Kosovo- wohl auch nicht lösen, auch können wir von den Grünen als pazifistische Partei ( Keine Gewalt!) auch nicht die Bombardierung der deutschen Rüstungsschmieden erwarten.

Aber wir fordern ganz realpolitisch:
Leider war die Parteiprominenz wie die NATO-Jets ausgeflogen, weder die von uns avisierten Angelika Beer, Jürgen Trittin oder Ludger Volmer waren für ein "öffentliches Streitgespräch mit den BesetzerInnen unter den Augen der freien Presse", so unsere Forderung, nicht aufzutreiben. Da wir bei der Anreise zur Besetzung schon die Bundesvorstandssprecherin Frau Radcke, ebenfalls eine Befürworterin des Krieges, in der Straßenbahn von Bonn gesichtet hatten, war die Sache schnell klar. Die Kriegstreiberfraktion hatte eine prominente Vertretung, die freie Presse und insgesamt fünf Filmteams waren zu unserer Pressekonferenz zur Stelle. Wer fehlte, war Frau Radcke. Sie war leider nicht bereit, sich öffentlich mit den BesetzerInnen über die Kriegspolitik der Grünen auseinanderzusetzen. Ein Geheimgespräch mit Frau Radcke ohne Presse mußten wir dagegen ablehnen, weil es uns schlichtweg zu langweilig gewesen wäre. So nahmen die Dinge ihren Lauf. Frau Radcke schloß sich in ihr Büro ein, die BesetzerInnen rüttelten zusammen mit den Medienvertretern an ihrer Bürotür. Der grüne Hausmeister oder wars der Pressesprecher, drohte mit der Polizei. Frau Radcke ließ sich aber nicht mehr erweichen. Der Keksvorrat ging zur Neige, das Nudelgericht war verzehrt, die freie Presse und die Filmteams hatte neue Termine und verschwanden. So mußten wir neu entscheiden. Sollten wir, wir der linke fundamentalistische Flügel forderte, bleiben bis zum Ende, die Schlafsäcke ausbreiten und auf einen Blitzbesuch von Josef Fischer bestehen oder respektive warten, oder setzten sich die Realos in unserer Runde durch, die zu Recht feststellten, daß die Keke auf waren, die freie Presse entschwunden, der Hausmeister immer noch ätzend und Frau Radcke immerhin in ihrem Büro schon gefangen saß.
Die Debatte war hart, aber ehrlich. Die Öffentlichkeit schien ausreichend hergestellt, Frau Radke war gefangen und wir einigten uns auf einen Sonderparteitag an Christi Himmelfahrt. So verließen wir, nicht ohne den Müll einzusammeln, nicht ohne dem Hausmeister und dem Pressesprecher unser Wiederkommen anzudrohen und nicht ohne die gerahmten Friedensplakate der Grünen aus ihrer pazifistischen Frühphase mitgehen zulassen, die Geschäftsstelle. Der Protest des Pressesprechers, dies sei Diebstahl, verhallte ungehört. Die Friedensbilder wurden im Anschluß dem Haus der Geschichte übergeben.




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Flugblatt zur Besetzung:



Do you remember Artikel 26 Grundgesetz??
Eure Doppelmoral kostet Menschenleben: "Humanitäre" Bomben auf Belgrad, Waffenlieferungen und Abschiebungen in die Türkei!! ( Texte der Transparente)
Wir besetzen heute die Bundesgeschäftstelle, um gegen den Krieg der Nato und die deutsche Beteiligung zu demonstrieren. Mit dieser Aktion wollen wir an die wenigen Menschen aus der Friedens, Frauen- und aus anderen sozialen Bewegungen Jugolawiens erinnern, die sich der rassistischen Politik Serbiens in den Weg gestellt haben. Wir wollen an die Soldaten erinnern, die sich weigern, sich an der Vertreibung der albanischen Bevölkerung zu beteiligen und die aus der serbischen Armee desertiert sind. Und wir wollen an die zahllosen Flüchtlinge erinnern, die vor dem Bürgerkrieg und den Massakern geflohen sind und die versuchen aus den Armenhäusern und Elendszonen von Mazedonien und Albanien in die reichen Länder zu fliehen. Ihnen gehört unser Solidarität und hoffentlich gelingt es ihnen an den Grenzen von Schengenland und an den Menschenjägern vom BGS vorbei Zuflucht zu finden.

Schließlich wollen wir an die Generation in Jugoslawien erinnern, die jetzt zum zweiten Mal in ihrem Leben vor deutschen Bombern in Luftschutzkellern Zuflucht suchen muß. Die noch genau wissen, wie die Mörder der deutschen Wehrmacht in Zusammenarbeit mit faschistischen Ustascha zehntausende gemordet haben. Gestern vor 58 Jahren, am 6. April 1941 überfiel die deutsche Wehrmacht zusammen mit ihrem Allianzpartner Italien Jugoslawien. Am Ende der Operation "Strafgericht", wie die Nazis ihren Angriffskrieg nannten, starben auf der jugoslawischen Seite über 1,7 Millionen Menschen, zehntausende wurden zu Zwangsarbeit oder in Vernichtungslager verschleppt. Wir grüßen mit unserer Aktion die Überlebenden, insbesondere die Menschen aus den Partisanenverbänden, denen es gelang, Jugoslawien von der Nazibarbarei zu befreien. Sie sollen wissen, das nicht alle in Deutschland dem Krieg zustimmen.
Das Morden im Kosovo
zwänge halt zum Bomben, erklären uns heute die ehemals friedensbewegten Grünen- SpitzenpolitikerInnen. Mit der Bombardierung Jugoslawiens haben sie erfolgreich einen Präzedenzfall geschaffen, mit dem sich trefflich eine neue Weltordnung aufbauen lässt. Aber der moralisch begründete Angriffskrieg der NATO von heute wird augenscheinlich nur dann geführt, wenn die Empörung über "humane Kathastrophen" mit geopolitischen Interessen einhergeht. Ein Minderheitenproblem muß nur entsprechend instrumentalisiert und medial aufbereitet werden, dann kann die NATO ihre humanitären Kämpfer schicken.
Und Deutschland ist dabei!
Ganz anders verhält es sich mit der Türkei. Dort vermag das grünregierte Außenministerium nicht einmal in seinem Lagebericht erwähnen, daß dort ein Bürgerkrieg herrscht, daß gemordert, gefoltert und vertrieben wird. Dort gelingt es nicht einmal, einen Abschiebestopp für die 380 Flüchtlinge im Wanderkirchenasyl zu erwirken. Für KurdInnen gilt der Menschenrechtseifer der grünen Juniorpartner nicht. Im Gegenteil: die ersten rot-grünne Waffenlieferungen an die Türkei werden gerade parlamentarisch auf den Weg gebracht.

Euer Nato-Krieg, den ihr wegen der albanischen Zivilbevölkerung mitveranstaltet, hat bisher keine Menschenleben gerettet. Im Gegenteil, dieser Angriffskrieg war der willkommene Katalysator für die Vertreibung und Massakrierung der albanischen Zivilbevölkerung. Die Opposition und die Reste von sozialer Bewegung gegen Milosevic haben unter den Bomben der NATO keine Chance mehr.
Der Krieg in Jugoslawien hat komplexe Ursachen. Die mörderische Politik der "ethnischen Säuberungen" basiert auf irrationalem Hass und langjähriger rassistischer Ausgrenzung der albanischen Bevölkerung. Sie ist nicht einfach durch Ausschaltung oder Domestizierung von Milosevic aus der Welt zu schaffen. Eine Lösung liegt eher in der Schaffung von sozialer Gerechtigkeit und einem Leben ohne Not und Elend auch in den Peripherien Europas.
Auch die kurdischen, nordirischen und baskischen Konflikte lassen sich wohl kaum durch Bombenangriffe auf die jeweiligen Hauptstädte lösen.

Wir ergreifen weder für Serben, noch für Albaner Partei. Es ist nicht an uns, uns an einer Ethnisierung des Sozialen zu beteiligen. Der Kampf gegen jede Form von Rassismus und Nationalismus bleibt das Gebot der Stunde. Die Frauen und Kinder auf der Flucht und die Männer, die sich durch Flucht und Desertation der Beteiligung an der Gewaltmaschine entziehen, sind die Kriegspartei, auf deren Seite wir stehen.
Im Kampf um offene Grenzen und gegen die Internierung der Flüchtlinge in Lagern, in der Unterstützung der Flüchtlinge bei der Einreise in unsere reichen Länder, beim Grenzübertritt und in der Unterstützung gegenüber den Behörden könnten unsere Aufgaben liegen.
Der Aufruf von "kein Mensch ist illegal", eigene Schleusungsstrukturen für den illegalen Grenzübertritt vorzubereiten, könnte ein praktischer Schritt sein, die Strategie der Herrschenden zu untergraben, die Flüchtlinge in den Armenhäusern Europas zu kasernieren und dort zu vernutzen.


Wir fordern:

Antirassistische Gruppen aus NRW 7.4.99



Wir laden um 12.30 Uhr zu einer Pressekonferenz in die Räume der besetzten Geschäftsstelle ein und fordern die KriegsbefürworterInnen aus den Reihen der Grünen auf, dort öffentlich Stellung zu beziehen. Sehr angenehm wären uns besonders Ludger Vollmer, Angelika Beer oder Minister Trittin.



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Falls Ihr Anregungen, Kritik usw. habt, dann schreibt an: azwuppertal@as-if.com

Stand: 8.4.1999