Selbstorganisation & Electronic Publishing im Internet Aufruf zu einem öffentlichen Ratschlag der PartisanInnen! Dienstag, den 6. Juli 1999 um 20.00 Uhr im Gegen Informations-Büro, Gneisenaustraße 2a, 10961 Berlin Kreuzberg (in der SFE MehringHof, 2.HH, 3.OG) Seit über einem Jahr betreibt die Partisan.net EntwicklungsGbR einen Server, wo linke&radikale Kräfte die Möglichkeit haben, ihre Webpräsenz kostengünstig selbst zu organisieren. Vom ersten Tag an verfolgte die Partisan.net EntwicklungsGbR das Ziel, demokratische Formen für diese Selbstorganisation gemeinsam mit den Webspacenutzern zu entwickeln. Zunächst optierte die Mehrheit derer, die sich an diesem Diskussionsprozeß beteiligten, für ein Genossenschafts- modell. Nachdem sich dieses Modell als über- dimensioniert erwies, wurde ab November 1998 die Gründung eines Vereins und dessen Eintragung ins Vereinsregister betrieben. Beiden Organisationsmodellen lag die Absicht zugrunde, durch Anbieten von kommerziellen Dienstleistungen (Vermietung von Webspace und Internetzugängen) linke&radikale Gegenöffentlichkeit zu finanzieren, d.h. die Subdomains möglichst unentgeltlich zur Verfügung stellen zu können. Selbstkritisch muß eingeräumt werden: Dieser Weg ist gescheitert. Die große Mehrheit der Projekte, Gruppen und Einzelpersonen, die das Partisan.net nutzen und ihm sein linkes&radikales Profil verleihen, konnten nicht dazu gewonnen werden, sich gemeinsam als Herausgeber und Organisator des Partisan.net in einem Verein oder ähnlichem formalen Gebilde zu organisieren. Bestenfalls drei Projektes interessierten sich überhaupt für den Verein, der dadurch zum Ort der Durchsetzung von Partikularinteressen mutieren konnte. Als in der Kalaschnikow-Subdomain nationalrevolutionär-völkische Texte des FU-Dozenten Bernd Rabehl publiziert wurden, griffen die Verantwortlichen des Partisan.net Servers ein, verwiesen auf die Rechtslage und auf das Selbstverständnis der Domain, als einer, auf der sozialemanzipatorische Inhalte zur Geltung kommen sollen und nicht etwa das Gegenteil, und verlangten die Entfernung dieser rechten Texte. Dies hat nun eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die für die Schaffung von linker&radikaler Gegenöffentlichkeit im Internet von grundsätzlicher Bedeutung sind: Worinunterscheiden sich unter heutigen Gesichtspunkten rechte von linken Positionen? Dürfen rechte Texte in linken&radikalen Zusammenhängen verbreitet werden? Wie kann in einem strömungsübergreifendes Projekt die Einhaltung der emanzipatorisch-publizistischen Grundsätze der Domain durchgesetzt werden? Kann Providerwillkür durch selbstorganisierte Webpräsenz verhindert werden? Sind demokratische Selbstorganisation und Internetstruktur überhaupt kompatibel? Wie soll zukünftig das Electronic Publishing auf dem Partisan.net-Server organisiert sein? WelcheFormen der Kooperation und Konsultation sind angemessen? Brauchtdemokratische Selbstorganisation ein formalisiertes Regelwerk? Wir laden alle PartisanInnen zu einem öffentlichen Ratschlag über diesen Fragenkomplex ein. Wir versprechen uns durch so ein Brainstorming heraus- zufinden, welches die passenden demokratischen Strukturen für eine linke&radikale Gegenöffentlichkeit im Internet sind, in die sich alle PartisanInnen einbringen können bzw. aufgehoben fühlen. Die Debatte darüber ist angesichts der jüngsten Ereignisse dringend notwendig geworden. Weder wollen wir ein kommerzieller Internetdiensteanbieter werden, noch in Vereinsmeierei aufgehen. Wir wollen den Server und die Zugänge ausschließlich als Mittel der Vernetzung und Selbstorganisation für eine linke&radikale Gegenöffentlichkeit betreiben, die ihren Bezugspunkt in den sozialemanzipatorischen Bewegungen jenseits des Internets hat. Das wird uns nur gemeinsam gelingen. Günter Langer und Karl-Heinz Schubert Berlin, den 25.6.1999