Mittlerweile sind 10 Tage vergangen seitdem wir in die Gemarker Kirche gegangen sind. Dabei ist von uns in der ganzen Zeit keinerlei Gewalt ausgegangen.
Bevor wir in der Kirche Zuflucht gesucht haben, dachten wir, daß wir in einem christlichen Gotteshaus am ehesten die christlichen Werte und Tugenden verwirklicht sehen würden. Wir sind davon ausgegangen, daß Menschen in Not an diesem Ort geholfen werden würde. Anfangs kamen von der Kirche auch eher positive Reaktionen, sind wir gut behandelt worden. Nun brauchen wir dringend weitere Hilfe, doch die Kirche tut nichts, um etwas an unserer Lage zu ändern. Es wird uns von der Kirche keine weitere Uilfe gegeben, die wir dringend brauchen.
So wurde uns auf einem Treffen mit Vertretern des Presbyteriums am 1.12. mitgeteilt, daß sich ihre Hilfe in Zukunft auf humanitäre Leistungen beschranken würde, das heißt es wird nur für das Nötigste gesorgt, also für ein Dach über dem Kopf und für Essen. Die Kirche wünscht keinerlei Treffen mehr mit uns und fordert uns auf, uns schnell eine neue Zuflucht zu suchen.
Somit entzieht uns die Gemeinde mehr und mehr ihren Schutz, was die Polizei als Anlaß nehmen könnte, die Kirche zu räumen.
Wir haben unser Leben den Händen der Kirche anvertraut. Jetzt müssen wir uns fragen, ob wir überhaupt als Menschen angesehen werden, wenn wir nun mit unserem Schicksal allein gelassen werden.
Wir wollen einfach nur als freie Menschen leben können. Wir können mit dem Wenigsten auskommen, solange wir nicht in den Folterstaat Türkei abgeschoben werden. Wir bitten die Gemeinde, für unsere Situation Mitleid zu zeigen.
Ohne eure Hilfe haben wir keine Chance.
Jetzt, wo die Lage dort so kritisch ist KEINE ABSCHIEBUNG IN DIE TÜRKEI!
"Tut um Gottes Willen etwas tapferes (Karl Immer, Gemeindepfarrer der Gemarke 1934) - Kein Mensch ist illegal
(Redebeitrag vom Stadtrundgang / 9.November - Demo)
Sklavenarbeit bei Vorwerk:
Bei unser Beschäftigung mit Zwangsarbeit in Wuppertal und der Entschädigungsfrage stießen wir in einer Firmenbiographie mit dem Titel "Der Geist der Unternehmer. 100 Jahre Vorwerk und Co" auf eine besondere "Auslandsbetatigung" der Firma Vorwerk und Co, die in den Selbstarstellungen der Firma Vorwerk wohl nicht ohne Gründ unvertieft blieb. Vorwerk hat von 1942-1944 eine Maschinenfabrik im Ghetto von Lodz betrieben. Nach Lodz ging übrigens auch der erste Massen-Trasport von 202 Wuppertaler Juden und Jüdinnen. Im September 1944, so die Akten der Ghettoverwaltung von Lodz wurde die Firma ins heimische Wuppertal evakuiert. Das Ghetto war zuvor von den deutschen Mördern liquidiert worden. Von den ca. 200.000 Menschen, die im Ghetto von Lodz unter unvorstellbaren Bedingimgen vegetierten und zur Zwangsrbeit gezwungen wurden, überlebten nur 12.000. Kurz bevor Vorwerk das Weite suchte, gingen die letzten Judentransporte aus Lodz nach Auschwitz. Just in time.
Bisher war nur bekannt, daß Vorwerk wie fast alle Wuppertaler Firmen sich Zwangsarbeiterlnnen für ihre Rüstungsprodukion in Wuppertal hielten. Unter der Überschrift "Der Druck der Verhältnisse" erfährt der Leser aus Unternehmersicht, daß in Nazi-Deutschland der Absatz des "Volksstaubsaugers Kobold" und auch der Vorwerk-Teppiche zu Kriegsbeginn stagnierte und wegen den Erfordernissen der deutschen Angriffskriege erneut die Rüstungsproduktion in den Vordergrund trat. "Vorwerk übernahm verschiedene Fertigungen, u.a. Gestelle flir Sehrohre, Getriebe für Scheinwerfer und Geschütze, Teile für Raketen, Granaten, Hüllen für Bomben und ein Teil für ein Steuergerät der Flak. Wegen der Bedeutung dieses letzten Geräts wurde auf Veranlassung der Rüstungsbehörden 1942 ein Betrieb im polnischen Lodz, damals Litzrnnstadt genannt, eröffnet. Die Stadt lag außerhalb der Reichweite der allierten Flugzeuge und bot insofern - scheinbar - mehr Sicherheit für die Produktion. Die Leitung der Rüstungswerke innerhalb und außerhalb Wuppertais lag bei Erich Mittelsten-Scheid."
Ein Blick ins Lodzer Telefonbuch von 1942-1944 bestätigt es: Vorwerk verlagerte seine Rüstungsprodiiktion in das Ghetto Lodz. Ausgerechnet in der Wuppertaler Straße Nr.21 ist dort eine Maschinenfabrik Vorwerk verzeichnet, dessen Stammsitz Wuppertal ist. Diese Wuppertaler Straße befand sich im Ghetto Nord. Die "Belegschaft" der Firma Vorwerk waren im Ghetto zusammengetriebenen jüdischen Arbeitssklaven.
Der Wartesaal des Todes - das Ghetto in Lodz
Der "Standortvorteil" einer "Ansiedlung" in der polnischen Stadt Lodz war erheblich und er bestand keineswegs allein in der vermeintlichen Sicherheit vor alliierten Bombern.
Lodz war das zweitgrößte Ghetto im besetzten Polen. Innerhalb des Ghettos gab es das System der ghettoeigenen Betriebe und die Beschäftigung von Arbeitssklaven durch Privatfirmen wie Vorwerk. Die Lodzer Ghettobetriebe verfügten insgesamt über einen eigenen Gütetbahnhof in Radegast, den Tag für Tag 70-90 beladene Wagons verließen. Auf ihm kam auch in Güterwaggons das "Menschenniaterial" für die Rüstungsprodktion an. Nach Lodz ging übrigens auch der erste Massen-Transport von 202 Wuppertaler Juden und Jüdinnen.
Im Ghetto selbst waren unter unvorstellbaren Bedingungen über 200.000 Juden eingepfercht. Der größte Teil wurde für die deutsche Rüstungsproduktion zu Tode vernutzt. Zwischen 1940-1944 starben im Ghetto über 43.000 Menschen. Bis zu 7 Tage in der Woche und von Tagesanbruch bis zur Dämmerung mußten die jüdischen Zwangsarbeiterinnen arbeiten, ihr Zusammenbruch war nur eine Frage der Zeit. Selbst in kleinen Albeitslagern mit nicht mehr als 400-500 Insassen waren ein Dutzend Tote am Tag "normal". Die Einsperrung der Juden in Ghettos war in erster Linie ein Akt totaler Beraubung. Die ausgezehrten Ghettojuden wurden der völligen Hiflosigkeit preisgegeben, sie kämpften oft mit letzter Kraft um ihr Leben. Bei der andauernden Unterernährung waren viele Ghettobewohner bald nicht mehr im Stande, ihr Brot normal zu verdauen. Aktive, rege und kräftige Menschen wurden zu apathischen, vor sich hindämmernden Wesen. Der Übergang vom Leben zum Tod vollzog sich langsam und unmerklich. Die Menschen schliefen auf der Straße ein, sie starben bei der Suche nach etwas Eßbarem. Leichen auf den Straßen gehörten im Ghetto zum normalen Straßenbild.
Das Ghetto in Lodz sollte eigentlich nur eine Übergangslösung, Durchgangsstation für die Endlösung sein. Doch durch die Konzentration von sogenannter kriegswichtiger Produktion in Lodz bekam das Ghetto für die deutsche Kriegsführung eine zentrale Bedeutung. Das bedeutete aber keineswegs, daß die jüdischen Arbeitskräfte vor der Massenvernichtung sicher waren. In den ganzen 4 Jahren seines Bestehens wurde die Ghetto-Bevölkerung immer wieder durch neue Transporte "aufgefrischt". Wer nicht durch Vernichtung durch Zwangsarbeit in den deutschen Rüstungsfirmen umkam, war immer in Gefahr als Teil der sogenannten Aussiedlungen in die Tötungslager deportiert zu werden. Die erreichte Produktivität des "Arbeitsghettos Lodz" ging einher mit der Ermordung von über 40.000 "unproduktiver" Juden und Sinti in den Gaswagen von Chelmo und später in den Gaskammern von Auschwitz. Von über 200.000 Juden und Jüdinnen überlebten nur knapp 12.000.
Die Überlebenden von Lodz haben sich in alle Welt verstreut. Einige sind aber in Israel und in den USA in Organisationen wie den "Survivers of Lodz Ghetto" organisiert und halten die Erinnerung wach.
Mit den Überlebenden des Gliettos WOllen wirjetzt Kontakt aufliehmen. Die Suche nach Überlebenden Vorwerk-Zwangsarbeiterlnnen aus Wuppertal wird dabei allerdings vergeblich bleiben. Von den 202 Wuppertaler Juden, die in aller Öffentlichkeit am 26.Oktober 1941 vom Bahnhof Steinbeck nach Lodz verschleppt wurden, überlebte keiner. Von der 23-jährigen Anneliese Cohn wurde in der Kleiderkammer von Auschwitz. nur ein Koffer gefunden.
Wir werden diese Menschen überall auf der Welt suchen müssen. Wir wissen nicht, ob noch Zwangsarbeiterinnen von Vorwerk leben, die den Erschießungskommandos der 55 und der deutschen Wehrmacht oder den Gaskammern von Chelmo, Belzec und Auschwitz entronnen sind. Wir wollen die Überlebenden für eine Sammelklage gegen Vorwerk gewinnen. Nach den jahrelangen vergeblichen Versuchen Entschädigungen für ZwangsarbeiterInnen von den deutschen Firmen einzuklagen, sehen wir in den Sammelklagen aus den USA die einzigste und letzte Chance für die noch Lebenden Druck zu machen. Es muß Schluß sein mit der Hinhaltetaktik der Konzerne. Die Zwangsarbeiterinnen wollen sich nicht mehr in mühseligen Prozessen wie gegen Siemens verhöhnen und beleidigen lassen. Lasst uns Vorwerk zwingen, endlich Entschädigungen zu zahlen für alle noch lebenden Zwangsarbeiterlnnen, egal ob sie in Wuppertal oder in Lodz Arbeitssklaven waren. Jetzt oder nie.
wie Sie sicherlich wissen, haben in letzter Zeit amerikanische und deutsche Anwälte Sammelklagen gegen große deutsche Firmen erhoben mit dem Ziel, Entschädigungen für ehemalige Zwangsarbeier im Dritten Reich zu erstreiten.
Neben vielen anderen deutschen Unternehmen ist auch Vorwerk & Co. unlängst von der "Aktion Sühnezeichen" angeschrieben worden mit der Forderung auf Entschädigung von im 2. Weltkrieg beschäftigten Zwangsarbeitern.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag hat nun eine anonyme Gruppe in meiner Wohngegend ein Flugblatt mit dem Titel "Vorwerk Geld her! Entschädigungen für Zwangsarbeiter-Innen jetzt" verteilt. Außerdem wurde meine Garage mit Parolen besprüht und mit Farbbeuteln beworfen. Für heute spätnachmittag ist eine Demonstration durch Barmen und den Mühlenweg angekündigt.
Das besagte Flugblatt greift zunächst mich als Kapitalisten an und hebt dann ab auf den Umstand, daß Vorwerk & Co. während der Kriegsjahre zwangsweise millitärtechnische Geräte sowohl in Wuppertal als auch in Lodz (Litzmannstadt)/Polen hergestellt hat.
Wir haben schon vor einiger Zeit einen Historiker damit beauftregt, alles verfügbare Material zu sichten und aufzuarbeiten. Leider ist durch einen Luftangrlff im Jahre 1943 unsere Verwaltung völlig zerstört worden, so daß wir auf externes Material zurückgreifen müssen. Nach unserem heutigen Kenntnisstand hat Vorwerk & Co. im Krieg niemals jüdische Zwangsarbeiter beschäftigt. Unsere Produktionsstitte in Lodz befand sich eindeutig außerhalb des damaligen Ghettos, und es wurden dort ausschließlich polnische Bürger als Ostarbeiter beschäftIgt. Diese sind nach den damals geltenden Regeln bezahlt worden. Von einer Ausbeutung dieser Menschen kann also keine Rede sein.
Abschließend möchte ich Ihnen noch sagen, daß jeder, der im Krieg für Vorwerk gearbeitet hat und glaubt, aus dieser Zeit Ansprüche zu haben, sich vertrauensvoll an uns wenden kann. Wir werden jede Bitte um Entschädigung nicht unter rechtlichen, sondern unter moralischen Aspekten wohlwollend prüfen.
Unter Vorbehalt - Rückkehr aus der Emigration
1.12.98-13.12.98
im Autonomen Zentrum Wuppertal
Wiesenstr. 11
Eine Ausstellung des Vereins EL-DE-Haus Köln
Öffnungszeiten ab 20 Uhr, Führungen außerhalb der Öffnungszeiten bitte unter 311790 anmelden
5.12.98, Samstag
21.00 Uhr Autonomes Zentrum Spielfilm: Das schreckliche Mädchen
6.12.98, Sonntag
20.30 Autonomes Zentrum Film: "Am Ende einer Utopie?"
Eine kleine Geschichte der Kibbuzim-Bewegung
7.12.98, Montag
19.30 Uhr Alte Synagoge Mit rabenschwarzer Zuversicht.
Kommunistische Jugendliche in Wuppertal
1916-1936. Buchvorstellung von Stephan Stracke, Forschungsgruppe Wuppertaler Widerstand.
Ab 18.30 treffen sich Mitglieder, FreundInnen und Angehörige der WiderstandskämpferInnen zu einem Umtrunk.
8.12.98, Dienstag
20.30 Autonomes Zentrum "Weder Arbeit, noch Familile, noch Vaterland!"
Film über die Parias der Resistance.
9.12.98, Mittwoch
20.00 Autonomes Zentrum Kein Mensch ist illegal! "Macht hoch die Tür das Tor macht weit..."
Versammlung zur antirassistischen Arbeit in Wuppertal.
11.12.98, Freitag
19.30 Uhr Autonomes Zentrum Deutsche Linke und Antisemitismus
Veranstalterin: Junge Linke Wuppertal
12.12.98, Samstag
12.00 Düsseldorf Kundgebung vor dem türkischen Konsulat
21.00 Uhr AZ
Gayday
13.12.98, Sonntag
Autonomes Zentrum 15.00 Uhr Zeitzeugen-Veranstaltung mit Peter Gingold, ehemaliges Mitglied der französischen Resistance, Sprecher der VVN/BdA.
14.12.98, Montag
20.00 Uhr Infobüro Nicaragua Chiapas. Fünf Jahre nach Beginn des Aufstands der Zapatistas in Mexiko.
Veranstaltung mit Beate Zimmermann
18.12.98, Freitag
20.00 AZ Dooms-Day
21.12.98, Montag
20.00 AZ Schwul-lesbische Kneipe
20.00 AZ Wintersonnenwenden-Fest
Wer kocht dieses Jahr den Grünkohl?
24.11.98, Dienstag
20.00 AZ FrauenLesben-Kneipe
31.12.98, Sylvester
21.00 irgendwo - Einlaß bis maximal 10 Personen. Einzelfallprüfung aber immer möglich ...
DEUTSCHE LINKE UND ANTISEMITISMUS
Deutsche AntiimperialistInnen und Autonome der achtziger Jahre betrieben eine Palästina-Solidarität, die die deutsche Geschichte komplett ausblendete. Die damaligen Kampagnen sahen Israel ausschließlich als Agent und Vorposten des westlichen Imperialismus mitten in der arabischen Welt, nicht aber als Ort der Zuflucht für die Überlebenden und Davongekommenen des Holocaust, der eine Notwendigkeit ist, solange der Antisemitismus als historisches und soziales Faktum fortlebt. Weitverbreitet unter Linken ist ebenfalls die Reduktion von Kapitalismkritik auf das Jammern über das "raffgierige Finanzkapital", das staatenlos in der ganzen Welt agiere ...